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Interview with Guitarre und Laute July 2000 |
Isabel Siewers interview with Gitarre und Laute
Th.B.: Du zählst zu den wenigen Frauen, die international
Karriere
gemacht
haben. Du bist Argentinierin, aber lebst in Österreich. Berichte
uns
etwas über deinen Werdegang.
M.I.S.: Ja, ich habe mein Studium in Argentinien gemacht,
zuerst privat;
nach
meinem Abitur habe ich mich entschlossen, Gitarre beruflich zu
studieren
and habe privat Unterricht bei Maria Luisa Anido genommen. Sie
war,
das kann ich wirklich sagen, die wichtigste Lehrerin in meinem
Studium.
Gleichzeitig habe ich das Konservatorium Municipal 'Manuel de
Falla'
and auch Kurse besucht. Der erste, das war so schön, in Santiago de
Compostela,
im Jahr 1969 oder 1970 glaube ich, bei Andres Segovia, einer
seiner
letzten oder sogar der letzte Kurs, den er dort gab. Auch einige
Kurse
bei Abel Carlevaro, der sich damals in Argentinien zu etablieren
begann:
seine Kurse dort waren etwas ganz Neues. Dann kamen Wettbewerbe,
selbstverständlich,
zuerst vor Ort in Argentinien; durch die Motivation
von
Maria Luisa Anido habe ich ein Band nach Paris für den Wettbewerb ORTF
Paris
(später Radio France) 1974 geschickt. Ich muss ehrlich sagen, dass
ich
nie gedacht hatte, dass ich die Möglichkeit haben wurde, unter den
Finalisten
zu sein; ich war sogar schwanger zu der Zeit and habe die Reise
nicht
sehr gut planen können, musste mich entscheiden, das drei Monate
alte
Baby bei meiner Mutter zu lassen; auch das Üben zu dieser Zeit war
sehr
schwierig. Wir waren in der Endauswahl der Binder zu viert and es
gab
zwei, die uns vertreten sollten, falls einer von uns nicht konnte.
Einer
davon war Eduardo Fernandez, der mich in den letzten Wochen der
Schwangerschaft
oft besucht hat, sehen, wie alles ging.
Aber
gut; es hat geklappt and ich habe den 2. Preis gewonnen.
Hilfe
hatte ich auch durch das Außenministerium Argentiniens,
das
mir den Flug durch eine Konzerttournée ermöglichte; ich glaube, ich
hatte
dieses Glück nur, weil eine Frau in der Kulturabteilung war: denn
als
ich mit meinem Bauch and dem Wunsch nach Konzerten vorsprach, hatte
das
ein Mann sicher nicht akzeptiert! So kam ich zu meiner ersten Tournée
in
Europa and wurde 1975 ein weiteres Mal eingeladen. Danach habe ich ein
zweites
Kind bekommen and mit meiner Arbeit am Konservatorium und
außerdem
als Musiklehrerin in einem Kindergarten hatte ich genug zu tun
and
das Konzertieren nicht so sehr gebraucht. In Argentinien wäre mein
Leben
als Gitarristin wahrscheinlich beendet gewesen. Vor der Geburt
meines
zweiten Kindes hatte ich mit Orchester das Villa-Lobos Konzert im
Fernsehen
gespielt and dann war etwa ein halbes Jahr nichts, als ich
plötzlich
ein Telegramm von der Jeunesse Musicale in Osterreich erhielt
mit
einer Einladung, ein Jahr später in Wien im Konzerthaus zu spielen.
Th.B.: Da hast Du also noch in Argentinien gelebt ...
M.I.S.: Ja, and ich kann sagen, ich lebe immer noch, wenn auch nicht
ganz, in Argentinien!
Ich
hatte überlegt: Ein Konzert im Konzerthaus ist schon etwas Schönes:
Soll
ich noch einmal zur Gitarre greifen and dafür Üben? Das war eine
große
Entscheidung, muss ich sagen, die mein ganzes Leben, wie ich heute
sehe
- damals habe ich es nicht so geahnt - beeinflusst hat. Im
Konzerthaus
in Wien kamen ein paar Gitarristen, um mich zu begrüßen and so
habe
ich die Bekanntschaft mit Prof. Robert Wolff gemacht, der am
Mozarteum
in Salzburg unterrichtete and in Wien lebte. Mit der in dieser
Zeit
entstandenen Freundschaft kam es zu einigen Einladungen für mich,
in
Innsbruck Kurse zu geben. Dazu kamen Tourneen in dieser Zeit, fast
jährlich
in Europa, Amerika sowie auch Australien and Neuseeland. Und ich
habe
immer noch in Argentinien unterrichtet, wenn auch nicht mehr im
Kindergarten,
was ich, obwohl ich es mit viel Liebe gemacht hatte, nach
acht
Jahren aufgeben musste, sondern im Konservatorium in Morón (Anm.:
Vorstadt
von Buenos Aires) and an der Universität de la Plata (Buenos
Aires).
Gut, irgendwann hat Robert Wolf mich wieder für einen Kurs in
Innsbruck
eingeladen and da erfuhr ich, dass der Lehrstuhl dort frei
wurde.
Ich dachte, es wäre eine Gastprofessur für ein Semester and mein
Mann
hat mich sehr unterstützt, diese Erfahrung zu machen. Ich sagte mir:
gut,
ich mache es, aber es wird schon sehr schwer sein, mich von der
Familie
für ein Semester zu trennen. So hat es angefangen wahrend einer
unsicheren
Phase in Argentinien. Das muss ich, glaube ich, erklären: Unsere
Jugend
hatten wir die meiste Zeit in der Militärdiktatur verlebt; das war
nicht
einfach. Wir hatten zwar keine direkten Probleme gehabt, weil unsere
Interessen
bei Musik and Familie lagen and sehr wenig in der Politik, was
ich
heute wahrscheinlich gar nicht mehr so gut finde, aber damals war es
eine
Art Rettung; es hat uns aber natürlich nicht gefallen, besonders,
als
ich im Ausland war and dort mehr erfahren hatte, als ich in
Argentinien
darüber wusste! Als ich dieses erste Semester in Innsbruck
unterrichtete,
hatten wir erstmals wieder eine demokratische Regierung,
in
die wir viel Hoffnung gesetzt hatten. Und doch gab es plötzlich eine
Hyperinflation
and die Lage war nicht sehr gut; da hatten wir ein wenig
Angst
and ich dachte, ich arbeite nach diesem ersten Semester doch ein
Jahr
länger in Innsbruck. Die Familie ist dann mitgekommen und die Kinder
gingen
ein Jahr in Osterreich zur Schule, als sich die Lage in Argentinien
ein
wenig beruhigte. Wir standen vor der Entscheidung: entweder muss mein
Mann
seine Arbeit in Argentinien aufgeben and mit fast 40 Jahren etwas
Neues
hier beginnen oder ich muss zwischen Innsbruck and Buenos Aires
pendeln.
Das war 1990 and das mache ich bis auf den heutigen Tag! Deswegen
kann
ich nicht sagen, ich wohne nur in Innsbruck, wirklich bin ich halb
and
halb.
Th.B.: Dann lebst Du ein wenig, wie wir das von John Williams
kennen: im
Spagat
Australien - Europa. Wie verbindest Du Deine Aktivitäten und
Verpflichtungen
mit deinem Privatbereich?
M.I.S.: Davon abgesehen, dass ich nicht gerne fliege, was sehr
anstrengend
ist, muss ich sagen, dass es sehr spannend and sehr schön ist,
in
zwei verschiedenen Kontinenten zu Leben. In beiden gibt es so große
Unterschiede
and so gute Dinge; and wahrscheinlich schätzt man mehr die
positiven
Dinge, wenn man auch etwas anderes kennt!
Th. B.: ... auch die positiven Dinge des Heimatlandes?
M.I.S.: ... die auch, klar, aber auch die des Auslandes. Als ich nach
Osterreich
kam, habe ich viele gute Dinge im Erziehungssystem gefunden,
wie
wichtig z.B. dort die Einbeziehung der Kunst gesehen wird and wie viel
das
besser organisiert ist als in Argentinien. Wenn ich in Osterreich
bin,
lerne ich viele Dinge von Argentinien zu schätzen, die ich in meinem
eigenen
Land nicht so bemerkt hatte. Zum Beispiel ein wenig mehr Freiheit,
weil
das System nicht so starr ist and man kreativer sein kann. Und vor
allem
das besondere Gefühl, dass man immer gebraucht wird, in allen
kleinen
Dingen, die man tut. Hier in Europa ist das ein wenig anders, wenn
Du
es nicht machst, ist es egal, es gibt sofort jemand anderen, der es tun
wird.
Das menschliche Gefühl ist in Argentinien in dieser Frage anders!
Ich
finde auch, dass eine Gruppe unserer Jugend in Argentinien sehr
idealistisch
ist and sehr viel Kraft hat, Probleme zu überwinden; so wie
es
andere gute Erscheinungen bei der Jugend in Europa auch gibt. Auf zwei
Kontinenten
zu Leben, fällt nicht immer leicht, wenn man außerdem auch
noch
Familie hat. Ich kenne mehrere Gitarristinnen; um ehrlich zu sein, es
sind
nicht so viele, die das Glück haben, eine Ehe and Kinder zu haben and
noch
konzertieren and unterrichten können! Es gibt verschiedene Punkte,
die
mir helfen: ich habe das Glück, einen Mann zu haben, der außer seinem
Job
auch Musiker ist, intensiv Geige spielt and mich immer unterstützt
hat,
and eine Mutter, die mit uns lebt; Du hast sie ja in Buenos Aires
kennen
gelernt
... Th.B.: ... sie ist Deutsche ...
M.I.S.: ... ja, sie wurde in Breslau geboren. Sie hat mir immer mit
den
Kindern
geholfen. Auch die Kinder akzeptieren and respektieren mein
Leben;
das ist wohl so wie in jedem Job, wenn eine Frau, die Familie hat,
auch
noch etwas mit Freude macht. Das ist auch ein gutes Beispiel für die
Kinder,
sich für etwas mit Freude zu engagieren, nicht wahr? Sie lernen,
sich
darüber zu freuen, aber leicht ist es nicht, vor allem, wenn die
Kinder
in der Pubertät sind and Du weit von zuhause weg bist and Dich
sorgst,
ob Dein Kind gesund aus der Disco zurück ist! Wenn man ständig
anruft
and fragt, fühlen sich die Kinder auch unter Druck: zuhause braucht
man
nur in den Gesichtern zu lesen and muss gar nicht zu fragen, das ist
leichter!
Gut, diese Zeit ist vorbei and weniger hart in diesem Sinn.
Glücklicherweise
musste ich keine langen schweren
Krankheiten
in der Familie erleben, ich hatte das Glück, in allen
wichtigen
Momenten immer dabei zu sein.
Th.B.:
Das ist die eine Seite, die Familie. Die andere ist Frau and
Karriere
in der Domäne der Männer ...
M.I.S.:
... das ist ein sehr wichtiger Punkt! Nicht nur im Bezug auf
Konzerte;
viele Frauen studieren momentan Gitarre, sogar mehr als Männer.
Bei
mir in meiner Klasse ist es halb and halb. Aber die Frauen,
die
dann auf höherer Ebene arbeiten,
entsprechen
nicht dem Verhältnis halb and halb! Ich finde, das passiert
einerseits,
weil die Gesellschaft so gebaut ist; ich bin keine Feministin,
aber
es ist so. Und andererseits braucht man für bestimmte Arten von
beruflicher
Belastung viel Kraft, die eher die Männer haben. Wir haben
andere
Qualitäten, vielleicht mehr Intuition, aber die Energie, ein Ziel
zu
erreichen, fällt Männern leichter. Ich habe das Gefühl, ich muss
versuchen,
so zu sein, aber es kommt nicht natürlich aus mir. Ja, and dann
gibt
es ja auch das Problem, als ich zwei Kinder hatte: mein Leben war
glücklich
and erfüllt and ich hatte kein so großes Interesse an der
Gitarre
and ich frage mich, was passiert wäre, wenn ich diese Einladung
nach
Wien nicht gehabt hatte? Vermutlich hätte ich vielleicht acht Jahre
unterrichtet
aber keine Konzerte gemacht; später, mit den größeren
Kindern,
hätte ich wieder den Einstieg versucht, and das wäre dann nicht
so
einfach gewesen, wenn man vorher zehn jugendliche Jahre sich auf etwas
anderes
konzentriert hat! Ich glaube, das ist der Grund, warum viele
Frauen
in vielen Berufen, auch in der Musik, nicht mehr so erfolgreich
einsteigen
k6nnen.
Th.B.: Es gibt ja nicht so sehr viele ganz berühmte Frauen: Ida
Presti,
Luise
Walker, Deine Lehrerin war auch eine der großen Persönlichkeiten,
Maria
Luisa Anido ...
M.I.S.: Diese hat mir für den Wettbewerb in Paris ermutigend Barbara
Polasek
als Beispiel genannt; ich kenne noch Alice Artzt oder Sharon
Isbin
oder Erika Pircher, später die jüngeren wie Laura Young oder Dale
Kavanagh;
ich freue mich
immer, wenn ich etwas über eine Gitarristin
lese!!
Maria Luisa Anido hat als Wunderkind mit acht Jahren in Argentinien
Gitarre
gespielt, sie hat sogar mit Miguel Llobet Duos gespielt and bei
ihm studiert. Ihr Vater hat eine Gitarrengesellschaft in
Argentinien
gehabt.
Parallel dazu habe ich in Österreich eine große Gitarristin
kennen
gelernt, Luise Walker. Sie hat ganz Ähnliches erlebt: Ihr Vater
hatte
ebenfalls in ihrer Wohnung Llobet zu Gast, and sie pflegte ebenso
einen
engen Kontakt mit ihm. Von beiden Seiten, Anido and Walker, habe ich
genau
die gleichen Anekdoten über Llobet gehört, z.B. dass er selten
übte,
oder dass er als Künstler hervorragend malen konnte. Beide Frauen
haben
sich nie getroffen, aber es gab große Parallelen in Ihrer ganzen
Persönlichkeit!
Diese Liebe für den großen schönen Klang der Gitarre, die
Liebe
zu Kunst and Musik, wahrscheinlich nicht so wissenschaftlich wie
später
Pujol, Scheit oder Carlevaro, eher eine intuitive Starke,
die
sich charismatisch auf andere Leute übertragt. Anido hat z.B. fast
niemals
über Technik geredet, aber ich habe so viel von ihr gelernt, dass
ich
sie bis heute so sehr schätze! Und ich empfand immer eine große Wärme
in
meiner Freundschaft mit Luise Walker! Die beiden haben sich persönlich
nie
getroffen, aber immer Grüße über mich ausgetauscht. Man darf sie nicht
vergessen!
Sie interessierten sich immer für neue Kompositionen and bis
zuletzt
spielten and unterrichteten sie.
Th.B.: Halten sich Konzerte and Unterrichten bei Dir etwa die
Waage?
M.I.S.: Es ist schwer zu sagen, weil sich alles mischt. Wenn man alle
Konzerte zusammen mit den Aufnahmen rechnet, halt es
sich wohl die Waage.
In
den letzten drei bis vier Jahren bin ich etwas weniger gereist, z.B.
war
ich seit drei Jahren nicht mehr in Australien, Neuseeland oder USA.
Dafür
muss man viel Zeit investieren können, die ich nicht hatte; es gab
viele
Projekte in Argentinien and in europäischen Ländern.
Th.B.: Wo genau unterrichtest Du zur Zeit?
M.I.S.: Am Mozarteum in Salzburg, das eine Abteilung in Innsbruck
hat.
Dort bin ich die meiste Zeit and auch einmal
pro Woche in Salzburg. Die Abteilung in Innsbruck
wurde
für Musikerziehung gegründet, aber in meinem Lehrstuhl kann ich
jeden
Fachbereich unterrichten: in Innsbruck sind alle Musikerzieher, an
beiden
Orten unterrichte ich noch Studenten für das Konzertfach. In
Argentinien
mache ich viele Kurse and habe ein paar Privatstudenten
zuhause;
aber ich habe darüber hinaus keine Unterrichtstätigkeit in
Argentinien,
sonst hätte ich überhaupt keine Zeit mehr zum Spielen!
Th.B.: Sprechen wir ein wenig aber Dein Repertoire? Es ist sehr
vielfältig,
von Giulianis Rossiniana über Koshkin bis hin zum Einsatz für
argentinische
Musik, and das nicht nur bezogen auf den 'üblichen'
Piazzolla
oder Ginastera. Hier
sehe ich z.8. zwei CDs mit Werken Carlos
Guastavinos
oder Maximo Diego Pujols. Wie
hat sich Dein Repertoire
entwickelt?
M.I.S.: Wenn man jung auf Wettbewerbe geht, wählt man das Repertoire
nicht
so
sehr persönlich aus, sondern muss einfach bestimmte Dinge spielen. Ich
habe
aber schon damals, als ich nach Europa kam, gespurt, dass man von
mir
etwas aus meinem Land erwartete; als mich z.B. Siegfried Behrend auf
sein Festival im Altmühltal einlud,
mit
der Bitte, zeitgenossische argentinische Musik zu spielen oder als
z.B.
die Ginastera Sonate neu herauskam and ich praktisch die erste
Aufnahme
davon machte. Diese Werke gaben mir damals die Möglichkeit, hier
and
dort zu spielen. Auch mag ich es, Stücke zu entdecken and nicht, das
zu
spielen, was schon oft and öfter gespielt wurde. Deshalb habe ich mit
enormer
Freude diese CD mit Guastavinos Musik aufgenommen, denn Guastavino
war
wenig bekannt, eigentlich nur durch John Williams Aufnahme von
Jeromita
Linares mit Streichquartett. Da die Werke von Ricordi
(Buenos
Aires)
hier nicht so leicht zu bekommen waren, waren seine drei Sonaten
wie
auch einige kürzere Stucke nicht bekannt. So war es für mich eine gute
Aufgabe,
praktisch alle seine Werke auf einer CD zusammenzustellen. Auch
ist
es schön zu sehen, bei jüngeren Komponisten, z.B. bei Maximo Diego
Pujol,
ein wenig ihre Entwicklung mit beeinflusst zu haben. Vor mehr als
fünfzehn
Jahren sagte mir John Duarte, er werde eine Reihe von
südamerikanischen
Komponisten herausgeben and ob ich jemanden aus
Argentinien
kennen wurde. Und da hat mir Maximo ein paar Stucke geschickt,
ich
werde das nie vergessen! Es waren die Cinco Preludios, die sehr
bekannt
wurden. John Duarte sagte mir noch, sie durften keinesfalls zu
schwer
sein, damit sie auch für Schuler geeignet sind. Daraufhin spielte
ich
das Preludio Tristón and den Candombe vor, um ihn davon zu
überzeugen.
Die Stucke erschienen schließlich bei Schott/London. Es war
für
mich immer eine Freude, wenn Maximo etwas Neues schrieb and das immer
besser;
so habe ich jetzt auch eine CD mit seinen Werken herausgbracht.
Als
ich zwischen zwanzig and dreißig Jahre alt war, hatte ich auch
Interesse
an sehr zeitgenossischer Musik, wahrscheinlich
avantgardistischere
als Koshkin. Ein Stück, für das ich mich stark engagierte, war von Jose Luis Campana,
Nexus. Ursprünglich kenne ich ihn
von
viel früher, mehr zufällig, bevor wir wussten, dass wir Musiker
wurden.
Zu den Festen der Schuljahresenden in Buenos Aires haben wir
zusammen
Zambas (z.B. Zamba para no morir) gespielt! Später, als ich am
Konservatorium
begann, traf ich ihn in der U-Bahn, and er teilte mir mit,
dass
er gern Komposition studieren wollte. Als unverantwortliche Meinung
einer
Siebzehnjährigen empfahl ich ihm einfach einen Lehrer, Jacobo
Fischer,
der ein Bekannter von Maria Luisa Anido war. Er hatte es
tatsächlich
gemacht and ging später nach Paris. Schon damals schrieb er
mir
etwas eher Traditionelles, später habe ich dann Nexus aufgeführt in
der
Wigmore Hall and Carnegie Hall. Dabei muss ich sagen, dass ich in
Amerika
mehr Akzeptanz erwartet hatte, aber die Reaktion des Publikums in
Wigmore
Hall war noch besser! Dann habe ich noch Stücke von Jorge Labrouve
uraufgeführt,
and Werke von Gerardo Gandini, vom bereits verstorbenen
Jorge
Tsilicas sowie auch das Konzert mit Orchester von Juan Carlos Zorzi
gespielt.
Wie gesagt, ich hatte wirklich großes Interesse und Vieles
probiert,
auch Rara von Bussotti and ähnliche Kompositionen. Danach habe
ich
mich ziemlich beruhigt, weil, wenn Du so sehr viel zu tun hast, es
zwar
schon ist, die Stücke zu entdecken, aber man muss sehr viel Zeit
investieren,
bis man weiß, welche Stucke man wirklich spielen wird! Ich
habe
immer noch Interesse, aber bringe zu wenig Zeit für Avantgardewerke
auf.
Giuliani mag ich sehr gern and vor allem Kammermusik aus dieser Zeit.
Das
ist ein Punkt, wo ich gerne mal die Zeit hatte, dies mit einer
Gitarre
des 19. Jahrhunderts
oder zumindest einer Kopie davon zu spielen.
Th.B.: Da wir gerade von dem Instrument sprechen: Stimmt es, dass
Du eine
Art
Zwillingsgitarre von John Williams spielst? Die zumindest zur
gleichen
Zeit gebaut wurde?
M.I.S.: Ah, ja, in diesem Sinn hast Du recht. Die Geschichte war so:
Ich
habe
jahrzehntelang eine Ramirez gespielt and wollte schließlich wechseln
auf
eine Gitarre von Gilbert, nachdem ich sie von David Russell and auch
von
David Tanenbaum, glaube ich, gehört hatte. Das hat mir aber dann zu
lange
gedauert and in der Zwischenzeit hörte ich zufällig in Prag ein
Konzert
eines Studenten von Stepan Rak, der ein Stuck in einer anderen
Stimmung
spielte and daher eine Smallman and eine Kohno verwendete. Der
Unterschied
war so enorm groß, dass ich wirklich überrascht war. Im
gleichen
Jahr war ich in Neuseeland and andere Leute haben mir von Greg
Smallman
erzählt. Schließlich wurde ich nach Australien eingeladen in die
Jury
eines Wettbewerbs and dort war auch zufällig Julian Byzantine, der
mich
auch nach Brisbaine eingeladen hatte. Er hatte Kontakt zu Smallman
and
wir haben darüber gesprochen. Wir sind dann zusammen neun Stunden zu
ihm
gefahren; das war eine große Hilfe, denn Smallman wohnt quasi im
Urwald
mit seiner Familie. Ich war einen ganzen Tag dort and weil Williams
zu
dieser Zeit in Australien auf Tournee war and auch ein Video produzierte mit einem Besuch bei Smallman,
hatte dieser vier Gitarren
fertig,
die ich probieren konnte. Zwei gefielen mir besonders gut, and
Smallman
sagte mir, dass Williams nächste Woche sich eine aussuchen
wurde,
dann könnte er mir die andere schicken. Ja, diese Gitarre habe ich
auf
der Pujol-CD gespielt; Toningenieur war John Taylor, der selbst
Gitarre
gespielt hat, ein sehr guter Toningenieur ist und übrigens das
Buch
über die Tonbildung auf der Gitarre geschrieben hat. Wir haben in
einer
Kirche ohne künstlichen Hall aufgenommen; als Amy Ganz, der Geiger,
mit
seiner Guadagnini kam, einem tollen Instrument, meinte Taylor,
wahrscheinlich
müssen wir den Geiger etwas weiter vom Mikro plazieren.
Zuerst
probierten wir aber normal and Taylor sagte, nein, wir lassen es
so,
wie es ist! Für Kammermusik ist dieses Instrument toll, für Werke mit
Streichquartett
oder Orchester, wo man noch ohne Verstärkung probt oder
sogar
spielt, ist es eine große Hilfe. Erst kürzlich konnte ich in einem
nicht
allzugroßen Saal in Innsbruck das VillaLobos-Konzert sogar ohne
Verstärkung
auffuhren.
Th.B.: Du hast drei CDs bisher eingespielt
M.I.S.: Amigos war die erste; aber zuerst hatte ich vor vielen
Jahren eine Schallplatte
gemacht
mit Ginasteras Sonate,
offiziell die Ersteinspielung. Dieses Werk wurde für
Barbosa-Lima
geschrieben, der hierauf fünf Jahre die Rechte für die
Uraufführung
besag; etwa acht Jahre später erst wurde das Stuck
veröffentlicht
and auf dem Wettbewerb in Genf gespielt. Ginastera hat mich
spielen
hören and mir im Beisein seiner Frau gesagt, ich könne eine
Aufnahme
machen. Er war bereits krank, starb kurz darauf and die Aufnahme
wurde
gemacht. Sie kam bei Guitar Masters bei Summerfield in USA heraus,
worauf
es Probleme mit Boosey & Hawkes, dem Verleger gab, denn sie sagten,
die
Rechte lagen bei Barbosa-Lima. Dank der Hilfe von Ginasteras Frau hat
sich
das Problem dann rasch geklärt; daher kann ich sagen, dass meine die
erste
Einspielung war; später erfuhr ich, dass es schon eine frühere
Aufnahme
von Marco de Sand gab, die aber nicht offiziell and daher auch
nicht bekannt war. Dann habe ich 'Amigos'
gemacht, aufgenommen in der
Tschechischen
Republik; außer Koshkin (sein Stuck Prince´s Toys mag ich
einfach
sehr) waren alle Werke mir gewidmet. Neben Werken von Pujol oder
Duarte
gab es auch die Gypsy Ballad von Sylvie Bodorova aus Prag, mit der
ich
inzwischen sehr befreundet bin; wir nahmen auch ein Portrat von ihr
für
das Fernsehen auf, wo ich das Werk noch einmal spielte. Eine andere CD
wird
bei BIS vermutlich im Februar 2001 produziert mit Werken von Guido
Santorsola.
Auch die Ginastera-Sonate werde ich noch einmal mitsamt
einigen
Bearbeitungen (Milonga, Triste Pampeano, Danza Criolla and mit
Geige
Danza del Trigo) einspielen für die englische Firma ASV, die ein
musikalisches
Porträt auf mehreren CDs editieren. Dann gibt es noch die
Serie
für ASV mit drei Komponisten aus Argentinien; es hat angefangen mit
Carlos
Guastavino, ging weiter mit Maximo Diego Pujol and vor mir liegt
noch
die Produktion mit Werken von Astor Piazzolla. Das ist eine große
lange
Geschichte, denn die originalen Werke für Gitarre von Piazzolla
werden
schon oft aufgenommen; ich möchte andere Sachen machen and wenn man
seine
Musik etwas gründlicher kennt, ist es nicht leicht zu entscheiden,
was
man bearbeiten kann.
Th.B.:
... aber bei allem, was ich jetzt herausgehört habe, hast Du bis
jetzt
nahezu keine Transkription eingespielt, alles original...?
M.I.S.:
... ja genau, fast alles original, ich spiele besonders gerne
originale
Stücke! Es ist klar, dass es auch genug gibt!
Th.B.:
Ist das eine Oberzeugung, keine Bearbeitung zu wählen?
M.I.S.:
Nein, das wurde ich nicht sagen, dass ich keine Transkriptionen
im
Allgemeinen mag, aber meistens ziehe ich Originale vor. Die
Transkriptionen
von Albeniz mag ich z.B. sehr gerne. Nicht jedes Stuck von
Piazzolla
passt zur Gitarre so gut wegen der Kraft and Gewalt, die in
seiner
Musik liegen! Oder es ist so, dass bestimmte Passagen sehr gut
passen,
aber nicht das Ganze. Oft höre ich ein Stuck als Bearbeitung and
finde
es sehr schön, dann höre ich es im Quintett and sehe, nein, das
klappt
wirklich nicht! Das ist ein Punkt, wo ich finde, dass ich sehr
aufpassen
muss! Ich befinde mich jetzt in dieser Arbeit, in direktem
Kontakt
mit dem Lagos-Verlag in Buenos Aires, der mit ihm gearbeitet hat,
mit
der Witwe Piazzollas, mit Jose Bragato, der immer die Stimmen
eingerichtet
hat, mit Fernando Suarez Paz, dem Geiger Piazzollas sowie
Cacho
Tirao and Hector Malvicino, die auch in seiner Gruppe Gitarre
spielten,
also, ich habe Hilfe von vielen Seiten! Außerdem gibt es auch
gute Bearbeitungen, z.B. von Benitez. Sicher werde ich auch
die
Originalwerke
aufnehmen, aber der Rest der CD werden eben die
Bearbeitungen
werden.
Th.B.: Wird es eine reine Solo-CD?
M.I.S.: Nein, wenn man ein Portrat eines Komponisten macht, finde ich
es
sehr
gut, etwas zu mischen. Mehrere Duos von Piazzolla habe ich schon mit
dem
Geiger Rafael Gintoli aufgenommen. Mit Amy Ganz habe ich z.B. eine CD
mit
Werken Paganinis (Centone di Sonate, Sonata Concertata, Cantabile)
aufgenommen, die
im Herbst 2000 in Argentinien bei Revista Clasica
erscheinen
wird. Im Moment bin ich geradezu begeistert von einem neuen
Stuck:
Concierto de Estio von Sylvie Bodorova. Ich habe es Ende April mit
der
Böhmischen Philharmonie unter Stokowsky auf einer Tournee gespielt.
Ich
finde es eine echte Bereicherung unseres Repertoires, and Sylvie hat
hervorragend
das Problem der Balance zwischen Gitarre and Orchester
gelost!
Es ist ein Konzert voller Farben and starker Rhythmik! Da sie auch
eine
Version mit Streichquartett geschrieben hat, werde ich das Stuck
zusammen
mit Pujols Tangata de Agosto in Kutna Hora,
Mikulov
and in Wien mit dem Stamic Quartett spielen. Kammermusik ist ein
wunderschönes
Feld für die Gitarre! Wir könnten der Gitarre nur helfen,
sich
zu etablieren auch vor einem Nicht-Gitarrenpublikum, wenn wir auch
mit
anderen Musikern zusammen auftreten!
Th.B.: Das wünschen wir uns alle für die Gitarre! Vielen Dank für
das
Gespräch!
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